IT-Sicherheitsrichtlinie in Arztpraxen: So erfüllen Sie die gesetzlichen Anforderungen
- MNI Consulting
- 22. März
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. März
Stand März 2025
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bringt Chancen – aber auch neue Anforderungen. Die IT-Sicherheitsrichtlinie gemäß §75b SGB V verpflichtet alle Praxen, technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz sensibler Patientendaten umzusetzen.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung im Gesundheitswesen steigen auch die Anforderungen an die IT-Sicherheit. Die neue IT-Sicherheitsrichtlinie verpflichtet Arztpraxen dazu, umfassende technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um Patientendaten wirksam zu schützen. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Punkte zusammen, zeigt Risiken auf und erklärt, welche konkreten Pflichten jetzt umgesetzt werden müssen.
Worauf dieser Beitrag vorbereitet
Die Umsetzung der IT-Sicherheitsrichtlinie bringt viele Herausforderungen mit sich – von der technischen Umsetzung bis hin zur Mitarbeitersensibilisierung. Damit Arztpraxen gezielt und rechtssicher handeln können, gibt dieser Beitrag einen Überblick über die wichtigsten Anforderungen, erklärt zentrale Begriffe und zeigt die größten Risiken bei Nichterfüllung auf.

Zur Orientierung finden Sie hier eine strukturierte Übersicht:
Firewall Pflicht & Netzwerksicherheit: Schützt vor externen Angriffen
Backup Pflicht & Test der Datensicherung: Sichert Daten bei Ausfällen
Schulung und Sensibilisierung des Personals: Vermeidet Fehler durch Aufklärung
Updates und Sicherheits-Patches verpflichtend: Schließt bekannte Schwachstellen
Zugriffsrechte und Passwortrichtlinien: Regelt und schützt Daten und Benutzerkonten
Firewall Pflicht & Netzwerksicherheit: Schützt vor externen Angriffen Ohne technische Schutzmaßnahmen wie Firewalls sind sensible Patientendaten dauerhaft gefährdet.
In der heutigen digitalisierten Praxisumgebung sind vernetzte Geräte, digitale Patientenakten (ePA) und Online-Kommunikation Alltag. Damit steigt jedoch auch das Risiko für Cyberangriffe massiv. Laut IT-Sicherheitsrichtlinie nach §75b SGB V müssen Arzt- und Zahnarztpraxen verpflichtend technische Schutzmaßnahmen wie Firewalls und Systeme zur Netzwerksicherheit implementieren, um Patientendaten gegen unbefugte Zugriffe zu sichern.
Eine Firewall überwacht den ein- und ausgehenden Datenverkehr und schützt vor Schadsoftware oder unerlaubten Zugriffen – besonders wichtig, wenn beispielsweise die Praxissoftware Cloud-Anbindungen nutzt oder externe Geräte wie Röntgenscanner oder Laborsysteme eingebunden sind.
Praxisbeispiel:
Eine Zahnarztpraxis mit WLAN für Patienten, digitalem Terminbuchungssystem und E-Mail-Kommunikation mit Laboren benötigt zwingend eine sogenannte Netzsegmentierung – sprich, Trennung von Praxisnetz und Gäste-WLAN – sowie Firewalls, die verdächtigen Datenverkehr blockieren.
Auch bei E-Mail-Sicherheit greift diese Verpflichtung:
Unverschlüsselte E-Mails mit Gesundheitsdaten sind nicht zulässig. Verschlüsselung und Spam-/Phishing-Filter sind Standardanforderungen.
Die Pflicht zur Netzwerksicherheit gilt auch für kleine Praxen. Cloud-Dienste, Telemedizin, digitale Überweisungen – all das muss abgesichert sein. Und: Diese Schutzmaßnahmen müssen nicht nur vorhanden, sondern auch dokumentiert und regelmäßig geprüft werden.
Backup Pflicht & Test der Datensicherung: Sichert Daten bei Ausfällen Datenverlust durch Ausfälle oder Angriffe ist existenzbedrohend – nur ein getestetes Backup schützt zuverlässig.
Ein funktionierendes Backup ist das Sicherheitsnetz jeder Praxis-IT. Die IT-Sicherheitsrichtlinie schreibt explizit die regelmäßige Datensicherung und Überprüfung vor – eine Pflicht, die alle Arzt- und Zahnarztpraxen betrifft, unabhängig von Größe oder Spezialisierung.
Gerade in Praxen, in denen täglich neue Befunde, Diagnosen und Abrechnungsdaten anfallen, kann ein Verlust dieser Daten gravierende Folgen haben – rechtlich wie wirtschaftlich. Ein Serverausfall, ein Verschlüsselungstrojaner oder versehentliches Löschen können ohne Backup zur Katastrophe führen.
Doch ein Backup allein reicht nicht aus – es muss regelmäßig getestet werden. Nur so ist sichergestellt, dass im Notfall die Wiederherstellung funktioniert. Laut Richtlinie sind insbesondere automatische, versionierte und verschlüsselte Backups erforderlich – bestenfalls extern gespeichert (z. B. Cloud oder physisch getrennt).
Praxisbeispiel:
Eine Zahnarztpraxis sichert täglich Patientendaten auf eine lokale Festplatte. Beim Einbruch wird diese entwendet – inklusive aller Daten. Nur ein zusätzliches externes, verschlüsseltes Cloud-Backup würde in diesem Fall greifen.
Auch beim Test scheitern viele Praxen: Laut Untersuchungen bleibt über 40 % der Backups im Ernstfall unbrauchbar, weil sie nie getestet wurden.
Die Empfehlung: Richten Sie mindestens ein tägliches Backup ein, speichern Sie mindestens eine Version extern und führen Sie monatliche Wiederherstellungstests durch – am besten dokumentiert.
Ein guter IT-Dienstleister unterstützt Sie dabei, alle Vorgaben der Richtlinie technisch umzusetzen und im Ernstfall schnell handlungsfähig zu bleiben.
Schulung und Sensibilisierung des Personals: Vermeidet Fehler durch Aufklärung Viele Sicherheitsvorfälle beginnen mit einem Klick – geschultes Personal erkennt Risiken frühzeitig.
Menschliche Fehler sind eine der häufigsten Ursachen für Sicherheitslücken in der Praxis-IT. Ob es um das Öffnen infizierter E-Mail-Anhänge, unsichere Passwörter oder unachtsames Verhalten mit Patientendaten geht – unzureichend geschultes Personal stellt ein enormes Risiko dar.
Genau deshalb betont die IT-Sicherheitsrichtlinie die Pflicht zur regelmäßigen Schulung und Sensibilisierung aller Mitarbeitenden, nicht nur des Praxisinhabers. Dies umfasst sowohl medizinische Fachangestellte als auch Verwaltungspersonal – jeder, der Zugriff auf IT-Systeme oder sensible Daten hat, muss informiert sein.
Beispiele aus dem Praxisalltag:
Eine MFA öffnet eine E-Mail mit gefälschtem Absender und aktiviert versehentlich Schadsoftware.
Ein Arzt verwendet dasselbe Passwort für mehrere Zugänge
darunter auch das Praxisverwaltungsprogramm.
Der unachtsame Umgang mit USB-Sticks oder Mobilgeräten führt zu Datenverlust oder unbemerkter Datenübertragung.
Diese Situationen lassen sich vermeiden, wenn das gesamte Team regelmäßig über Phishing, Passwortsicherheit, mobile Geräte, Social Engineering und Datenschutz informiert wird.
Empfohlen wird ein jährliches Schulungskonzept, dokumentiert und verständlich gestaltet – zum Beispiel als Online-Schulung, in Teammeetings oder über externe Anbieter. Wichtig ist dabei: Die Inhalte müssen praxisnah, leicht verständlich und aktuell sein.
Praxisbeispiel: Eine kleine Hausarztpraxis führt vierteljährlich ein Sicherheits-Update im Team durch, bei dem reale Fallbeispiele und neue Gefahren (z. B. WhatsApp-Kommunikation mit Patienten, externe WLAN-Nutzung) diskutiert werden. Die Teilnahme wird dokumentiert, Fragen können gestellt werden – und das Sicherheitsbewusstsein steigt deutlich.
Durch die Kombination aus Aufklärung, Wiederholung und Praxisnähe entsteht eine starke menschliche Firewall – die in vielen Fällen effektiver ist als jede technische Maßnahme.
Updates und Sicherheits-Patches verpflichtend: Schließt bekannte Schwachstellen Veraltete Systeme sind Einfallstore für Angriffe – regelmäßige Updates sind Pflicht.
Software wird ständig weiterentwickelt – nicht nur zur Funktionserweiterung, sondern vor allem zur Schließung bekannter Sicherheitslücken. Die IT-Sicherheitsrichtlinie verpflichtet Arzt- und Zahnarztpraxen, sämtliche Updates zeitnah einzuspielen, insbesondere für Betriebssysteme, Virenschutz, Praxisverwaltungssysteme und Router.
Ein nicht aktualisiertes System kann für Cyberkriminelle so angreifbar sein wie eine offene Tür – besonders dann, wenn Sicherheitslücken bereits öffentlich dokumentiert wurden (sog. „Zero Day“-Schwachstellen).
Beispiel aus der Praxis: Ein Zahnarzt nutzt ein älteres Betriebssystem für das Röntgengerät. Ein fehlendes Update ermöglicht es einem Trojaner, sich über das Netzwerk auszubreiten – der gesamte Praxisbetrieb muss unterbrochen werden, die Datenprüfung dauert Wochen.
Auch medizinische Geräte mit Netzwerkverbindung müssen regelmäßig auf Softwareupdates überprüft werden – etwa digitale Röntgenanlagen oder Laborgeräte. Ebenso wichtig ist die Aktualisierung von Drittanbieter-Software wie PDF-Readern, Webbrowsern oder Office-Programmen.
Empfohlen wird:
Automatische Updatefunktionen aktivieren
Regelmäßige Kontrolle, ob Updates fehlschlagen
Dokumentation der Updatezyklen als Nachweis bei Prüfungen
Denn: Ein Angriff durch eine bekannte Schwachstelle, die durch ein Update längst behoben worden wäre, kann als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden – mit potenziellen Folgen für den Versicherungsschutz.
Zugriffsrechte und Passwortrichtlinien: Regelt und schützt Daten und Benutzerkonten Nicht jeder im Team braucht Zugriff auf alles – Zugriffsrechte regeln den Schutz.
Ein zentrales Element der IT-Sicherheitsrichtlinie ist die Definition von rollenbasierten Zugriffsrechten.
In jeder Praxis gilt: Nur wer bestimmte Daten oder Funktionen für seine Tätigkeit braucht, soll darauf zugreifen dürfen – alles andere ist Risiko.
Praxisbeispiel:
Eine MFA benötigt keinen Zugriff auf Abrechnungsdaten oder Verwaltungsprotokolle. Ebenso sollten Auszubildende keinen Vollzugriff auf die E-Mail-Konten oder Patientendokumentation erhalten.
Hinzu kommen klare Anforderungen an Passwortsicherheit:
Mindestens 8–12 Zeichen
Kombination aus Groß-/Kleinbuchstaben, Zahlen, Sonderzeichen
Keine Wiederverwendung alter Passwörter
Keine „Post-It-Zettel“ am Bildschirm
Zudem ist die Nutzung von Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) bei Diensten mit Fernzugriff dringend empfohlen (z. B. Cloud-Speicher, Telematikinfrastruktur).
Besonders gefährlich sind verwaiste Zugänge – also Konten ehemaliger Mitarbeitender, die nicht deaktiviert wurden. Diese bieten Angreifern potenziell unkontrollierten Zugang zu sensiblen Bereichen.
Fazit: Mit sauber vergebenen Rechten und starken Passwörtern legst du das Fundament einer geschützten IT-Struktur – nachvollziehbar, kontrollierbar und rechtskonform.